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Es werden Posts vom September, 2019 angezeigt.

Halldór Laxness: Die Islandglocke

In diesem großartigen Roman erzählt der isländische Autor Halldór Laxness , der 1955 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, eine Geschichte aus dem 17. Jahrhundert, in der er das ärmliche Leben kleiner Leute in seiner Heimat aufzeichnet. Sie sind der ständige Spielball der Mächtigen und deren brutaler und unmenschlicher Willkür vollkommen unterlegen und ihnen somit unwiderruflich ausgeliefert. Aber trotzdem gibt es Untertanen, wie es Laxness am Beispiel seines Protagonisten Jon Hreggvidsson - einem Menschen mit einem starken Charakter - zeigt, der sich trotz aller Widerstände nicht unterdrücken lässt und sich seinen angeborenen Freiheitsdrang bis ins hohe Alter bewahrt!

Thomas Anz: Marcel-Reich-Ranicki – Portrait – / – Sachbuch –

Dieses Portrait über den „Literaturpapst“ Reich-Ranicki ist sehr interessant, obwohl er 2013 verstarb, wird er als Kritiker unnachahmlich und vor allem unvergesslich bleiben. Er entdeckte Talente und entthronte Größen mit seiner spitzen Feder und im Fernsehen mit seiner flotten Zunge, wobei er die Spreu vom Weizen trennte, und auf diese Art und Weise unzählige Menschen zum Lesen anregte, von denen bestimmt viele ohne sein Dazutun nicht zum Buch gegriffen hätten. Hier noch ein Reich-Ranicki-Kriterium für ein gutes Buch: Es darf einen nicht ermüden, es muss einen erschüttern!  

Ljudmilla Ulitzkaja: Medea und ihre Kinder

Die 1947 in Dawlekanowo geborene russische Autorin lebt heute in Moskau und hat sich als Putin-Kritikerin geoutet. Ein Dutzend Ihrer frauenaffinen Romane wurden inzwischen ins Deutsche übersetzt. Der o. g. Roman mit literarischem Anspruch, überzeugte mich mit einer gut geschriebenen Story, die auf der Krim spielt. Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht die Titelfigur des Romans, „Meda“, eine geborene Griechin, die ihren vielfach verzweigten Familienclan aufrechterhält und große und kleine Probleme managet.

Doris Lessing: Die Geschichte von General Dann von Girot und Maras Tochter, von Girot und dem Schneehund

Dieser Roman ist ein Folgeroman, der erste Teil war mir nicht bekannt. Der Protagonist der Geschichte wandert im Nordwesten des imaginären Landes Ifrik und gerät aufgrund einer Eisschmelze in Europa in einen riesigen Sumpf. Er stößt auf verschiedene Umherirrende und schickt sich am Ende an, eine Gesellschaft zu gründen, in der es eine Zukunft für sie gibt und in der man versteht, Gutes und Böses fein auseinander zuhalten. Damit der Leser kapiert wie sich die Bösen von den Guten äußerlich unterscheiden, sind sie durch Narben gezeichnet! Darüber hinaus vermittelt Lessing dem Leser, dass sich ein gutes Leben nicht lohnt, denn es mache ihn lebensuntauglich. Und da mir ihr Folgeroman nicht taugte, werde ich Teil 1 nicht lesen; oder lohnt es sich vielleicht doch?

Parmenides.: Über das Sein

Parmenides (um 520/515 v. Chr.; † um 460/455 v. Chr), der Vater der Logik genannt wird und als Vorsokratiker gilt, führte als Instrument den evidenten Beweis in die Logik ein, der für ihn eine vollständige Einsicht mit Wahrheitsanspruch bietet. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen „Über das Sein“, die allerdings nur fragmentarisch vorliegen, steht Dike, die Hüterin des ätherischen Tores, die Parmenides bei „seiner Himmelsfahrt“ die Wahrheit verkündet. Weil das ewige Sein, weder Vergangenheit noch Zukunft besitzt, ist der Gedanke ad absurdum geführt, dass das Ewige als unaufhörliche Zeit verstanden werden kann, denn vor Gott ist alle Zeit ewige Gegenwart! Verfolgt man Parmenides Gedanken, hat man den Eindruck, dass für ihn die Welt der Erscheinungen einen Augenblick transparent waren; und lässt man sich als Leser auf sie ein, so wird auch für einen selbst, das ein oder andere „durchsichtiger“.

James Hawes: Die kürzeste Geschichte Deutschlands – Sachbuch –

Ein gut geschriebenes und flott zu lesendes Sachbuch, das die deutsche Geschichte von der Herrmanns Schlacht im Teutoburgerwald über die „Wiedervereinigung“ und ihre nicht immer positiven Folgen beschreibt, die zum Teil bis heute sichtbar sind, wie beispielsweise die Tatsache, dass nicht nur kurz nach der Grenzöffnung viele junge Menschen in den Westen gingen, um dort Arbeit zu suchen, obwohl Milliarden in ihre alte Heimat flossen, weil Helmut Kohl den ehemaligen DDR Bürgern blühende Landschaften versprach, wobei er bei seinen spontanen Entscheidungen die westlichen Verbündeten eher außen vor ließ und von sich aus unwiderrufbare Tatsachen schuf! „Die Bevölkerung Bayerns wuchs zwischen 1991 und 2012 um 8 Prozent, in Sachsen-Anhalt fiel sie um 20 Prozent.“ Nicht nur an dieser Stelle hält James Hawes mit seiner kritischen Sicht auf „die Wende“ nicht hinter dem Berg und stellt in seinen lebendigen Ausführungen zudem die provokante Frage: Ist Deutschland insgesamt nicht eher dem Os

Michael Winterhoff - Sachbuch -: Deutschland verdummt – Wie das Bildungssystem die Zukunft unserer Kinder verbaut – Sachbuch –

Bei diesem Sachbuch handelt es sich um eine verständlich geschriebene komprimierte Kritik von 200 Seiten an unserem Schul- bzw. Bildungssystem aus der Sicht eines Psychotherapeuten und Jugendpsychiaters mit einem reichen Erfahrungsschatz, den er sich vor allem aus Gesprächen mit betroffenen Eltern aber auch mit Erziehern und Pädagogen bildete. Michael Winterhoffs Ansichten sind durchaus kontrovers und sicherlich für die eine oder den anderen nicht oder nur schwer hinnehmbar. Aber dass zeigt vor allem, dass der Autor einen wunden Punkt berührt hat, der sich innerhalb unserer Gesellschaft auftut, und der so nicht hinnehmbar ist, weil diese Fehlentwicklung, wie sie Winterhoff darlegt, durchaus gravierende Konsequenzen für das Allgemeinwohl nach sich ziehen kann. Mein Fazit: Gut „gebrüllt“ Herr Winterhoff! Die Frage ist allerdings ob die, die Strippenzieher in unserer Bildungslandschaft -, die von ideologischen Diskrepanzen geprägt ist - wach gerüttelt werden. Allerdings ist das Les

Wolfgang Meyer-Hentrich: Wahnsinn Kreuzfahrt – Gefahr für Natur und Mensch / Sachbuch

Als jemand der noch nie auf einer Kreuzfahrt dabei war - und dies auch nie sein wird - wollte ich mich überzeugen, ob sich meine Vorurteile bestätigen würden, die ich mir bereits über diese Art Tausende von Euro auszugeben, um mit Tausenden von Menschen auf dem Meer in einer riesigen die Umwelt belastenden „Konservenbüchse“ die Fische zu beobachten, gebildet habe. Leider taten sie es nach Wolfgang Meyer-Hentrichs Aufzeichnungen zu tausend Prozent!

Hans Keilson: Der Tod des Widersachers

Der jüdische Autor und Psychoanalytiker Hans Keilson, der 2011 im Alter von 101 Jahren starb und zahlreiche Werke mit autobiografischen Zügen hinterließ, erzählt in dieser Geschichte, bei der es sich um eine Parabel handelt, von einem Mann, dessen Eltern im 3. Reich deportiert und ermordet wurden. Er selbst überlebte als Flüchtling. Keilson zeigt auf wie Hass entsteht und macht für mich in seinem, nicht immer einfach zu lesenden „Text-Experiment“ zudem eindringlich klar, welche untergründigen Verbindungen es zwischen Täter und Opfer gibt und wie Liebe und Hass ineinandergreifen.

Frank O’ Connor: Die Reise nach Dublin

Der irische Autor Frank O’ Connor, der 1903 als Michael Francis O’Donovan geboren wurde und 1966 starb, schrieb vorwiegend Kurzgeschichten, die im katholischen Arbeitermilieu Irlands spielen, in dem er selbst aufwuchs. Bereits mit 12 Jahren verließ er die Schule ! In diesem  interessanten Roman steht ein junges, armes Paar, mit den Namen Mary und Phil im Mittelpunkt, das versucht, aus seinen schwierigen Verhältnissen und bigottem Umfeld in Cork auszubrechen, um in Dublin glücklich zu werden.

Eric De Luca: Das Meer der Erinnerung

In dieser lesenswerte Geschichte eines 16-jährigen Jungen, der auf Insel Ischia in den 50er Jahren Ferien macht und in Kontakt mit dem schweigsamen Fischer Nicola kommt, werden die tabuisierten Geschehnisse am Ende des 2. Weltkriegs reflektiert, in denen die Deutschen Verbündeten zu verhassten Besatzern wurden. Es ist aber auch der Sommer, in der dem junge Erzähler die geheimnisvolle Caia kennenlernt, sich in sie verliebt und sogar ihr großes Geheimnis lüftet und deutsche Urlauber Nazilieder grölen!

Engelbert Obernosterer: Die Mäher und die Grasausreisser - Sachbuch -

Der ehemalige, inzwischen 82 jährige Volks- und Hauptschullehrer sowie Schriftsteller   aus dem österreichischem Sankt Lorenzen im Lesachtal in Kärnten, rechnet mit dem rein funktionalen Schulsystem ab und spart dabei nicht mit bissiger, aber offensichtlich berechtigter Kritik, die darin mündet, „dass die seelische Versteppung dort besonders um sich greift, wo die Maschinerie am besten funktioniert, bei welcher vorne Kinder hinein geschoben werden und hinten Unlust, Desinteresse und Rückgratlosigkeit im Maturaanzug herauskommen.“ (Siehe Klappentext!) Engelbert Obernosterer und Michael Winterhoff   („Deutschland verdummt“) stoßen also in das Selbe Horn, wobei Obernosterers Kritik, nach Jahrzehnten des Lehrerdaseins, verständlicherweise emotionaler ausfällt!

Dirk Müller: Machtleben - Sachbuch -

Nach 80 Seiten abgebrochen! Der Autor entwirft in einer simplen und reißerischen Sprache ein zukunftspessimistisches Szenario und beschwört eine erneute Weltwirtschaftskrise herauf . Nach meiner Ansicht wird er auf dieser Art und Weise diesem diffizilen und sensiblen  Thema nicht gerecht. Es mag ja durchaus sein, dass eine solche Krise nicht ausgeschlossen werden kann, aber was der Autor an Thesen „zusammenmüllert“ dient nach meiner Ansicht nur dazu Ängste zu schüren, um die Verkaufszahlen seines Buches anzuheizen!

Dirk Stermann: Der Junge bekommt das Gute zum Schluss

Ein kleiner poetischer Roman mit einer faszinierenden Geschichte, die von einem Wiener Jungen handelt, der von seinen Eltern verlassen wurde und sich nun ganz allein durchs Leben schlagen muss. Die Story, die einen unheimlichen Sog entwickelt, sodass man sie in einem Rutsch lesen möchte, ist bedrückend, berührend und beseelend zugleich!

Thomas Pynchon: Mason & Dixon

Eher zufällig las ich im Anschluss an Philip Roth Thomas Pynchon, den ebenfalls amerikanischen Autor, der nur vier Jahre nach Philip Roth geboren wurde, aber eine vollkommen andere „Schreibe“ als dieser an den Tag legt. In seiner mehr als 1000 Seiten umfassenden Story, die im Stil einer historiografischen Metafiktion geschrieben ist, erzählt er von den Briten Charles Mason, einem Vermessungsingenieur, und dem Astronomen Jeremiah Dixon, die in den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts die Grenzlinie zwischen den Nord- und Südstaaten Amerikas, auch bekannt als Mason-Dixon-Linie, zogen. Anders als bei einem klassischen historischen Roman, vermischen sich bei Pynchon reale und fiktive Fakten und lassen ihn, zu einem lebendigen Ganzen werden, in dem auch über Geschichte reflektiert wird, sodass man als Leser ziemlich herausgefordert ist, das ein oder andere zu hinterfragen. Zudem sind Inhalt und Stil sehr spannend und lassen trotz der Erzählfülle keine Langeweile aufkommen. Für mich war Pyn

Martin Mosebach: Mogador

Ich beendete diesen Roman, in dem ein betrügerischer Banker auf der Flucht ist, nach knapp 100 Seiten, weil ich mich von banal aneinander gereihten und teilweise frauenfeindlichen   Metaphern bzw. Plattitüden, erschlagen fühlte, die meinen Lesefluss permanent bremsten und mir die vielleicht gar nicht unspannende Story verleideten! „Wenn Elf sein schwarzes Sportcoupe aus der Firmengarage ans Licht aufsteigen ließ – der Motor schnurrte wie ein Kater -,… S. 75 Mitte! “… vom Rauch umweht wie ein Geist, der soeben der Flache entstiegen ist.“ S. 75 Unten! „Ich bin nicht so alt, wie ich aussehe…“ S. 81 Mitte „Sie brachte, leicht vornüber gebeugt, so dass ihre unter einem T-Shirt verborgenen Brüste beinahe mit im Obstkorb bei den Orangen lagen, das Dessert, ihrer Gäste dabei kritisch musternd.“ S. 79 Mitte „Als sie durch den Raum lief, auf kleinen bloßen Füßen die Kugelmassen ihres Körpers balancierend, bot sie Patrick auch den Anblick ihres Hinterteils, das zum Erstaunen groß un

Sven Papcke: Progressive Gewalt – Studien zum Sozialen Widerstandsrecht –

Sven Papcke: Progressive Gewalt – Studien zum Sozialen Widerstandsrecht – Dieses Sachbuch aus der Reihe „Texte zur politischen Theorie und Praxis“ des deutschen Soziologen Dr. Sven Papcke, das 1973 als Fischertaschenbuch erschien, ist mir vor einiger Zeit in die Hände gefallen. Und jetzt stieg es  mir , nachdem ich es lesenderweise zur Hand nahm, zu Kopf , wobei ich hoffe, dass es dort zumindest fragmentarisch, abgelegt ist! Papckes theoretische Thesen zu Gewalt, Ordnung und Widerstand empfinde ich als durchaus interessant,  weil ich in den 70er Jahren damit begann, an Protesten zu den unterschiedlichsten Themen  teilzunehmen . Aber für mich zeigt sich bei der Beleuchtung meiner Erinnerungen wieder einmal, dass Theorie und Praxis wirklich zwei ganz verschieden Dinge sind, wobei beide selbstverständlich ihren berechtigten Stellenwert haben : kognitiv und physisch !

Jan Demas: Große Denker des Mittelalters - Sachbuch

Jan Demas: Große Denker des Mittelalters - Sachbuch - Hier eine grobe Zusammenfassung des o. g. Sachbuches, das ich durchaus interessant finde, weil das nüchterne aber auch brisante Thema Religion, fast „locker flockig“ angegangen wird! Zunächst waren im religiösen Umfeld auch Druiden ein Thema und galten als stark sehende und intensiv erkennende Menschen. Der große Streitpunkt zwischen den Gläubigen setzte bereits im 4. Jahrhundert ein: Es ging um die wahre Vorstellung von Gott! Man hielt Jesus z. B. für Vollkommen, aber nicht für so vollkommen wie Gott; wobei später Hildegard von Bingen, die als kreativ verrückt galt, ihn als „Kugel“ sah! Für Thomas von Aquin, der nichts auf „seinen“ Aristoteles kommen ließ, war das höchste Wohl, das Allgemeinwohl. Auf sein eignes Wohl war er, der den Menschen „als Reisenden“ sah, offensichtlich weniger bedacht, denn seine „eigene Reise“, die ihn spirituell von Erkenntnis zu Erkenntnis führte, stoppte sein Schaffen im Advent 1273, als er einen

Platon: Sämtliche Werke – Band 2

Dieser über 600 Seiten starke Band hat folgende Texte des außergewöhnlichen Denkers der Antike hauptsächlich in der Übersetzung von Schleiermacher in quasi chronologischer Reihenfolge zum Inhalt: Lysis, Symposion, Phaidon, Kleitphon, Politeia, Phaidors. Wobei mir die Politeia bereits bekannt war und ich sie deshalb nicht nochmals las. Fazit: Platon zu lesen bereitet mir immer wieder großen Spaß und macht mir zudem sehr viel Freude! Zum Glück habe ich noch einiges von ihm zu rezipieren. Und vor allem darüber nachzudenken, was uns dieser Philosoph im 21. Jahrhundert (noch) zu sagen hat!

Pico della Mirandola: Rede über die Würde des Menschen

Der italienische Philosoph der Renaissance schrieb diese bis heute beeindruckende Rede zum Humanismus um 1486/87. Im Mittelpunkt des Themas steht das Wesen des Menschen. Die Schrift fand erst nach dem Tod des Autors den Weg in die Öffentlichkeit. Allerdings hat sie uns im Jahr 2019 immer noch etwas zu sagen und das liegt daran, dass sich der Mensch in seinen Grundstrukturen auch in unserer heutigen High-Tech-Welt nicht geändert hat!

Patrick Modiano: Place de l’Etoil

Der Erzähler der sehr guten literarischen Geschichte und des höchst politischen Romans, der sich mit der französischen Vergangenheit in der Zeit der deutschen Okkupation befasst und mit jüdischen und antijüdischen Klischees spielt, ist der junge Raphael Schlemilovitch. Der Autor Patrick Modiano, geb. 1945, zeigt in seiner sehr lesenswerten Story auf, dass Antisemitismus kein rein groß-deutsches Thema war, sondern z.B. auch in Frankreich grassierte und durch die Vichy-Regierung, die mit Hitler paktierte, zum Ausdruck kam. Allerdings sieht Modiano in politischen Äußerungen auch Israel durchaus kritisch und begründet dies damit, dass das Land gegenüber seinen Nachbarn hoch militaristisch aufgerüstet ist.

J.M.G. Le Clézio: Wüste

Dieser poetische und lesenswerte Roman des französisch-mauritischen Schriftstellers, der 2008 den Nobelpreis für Literatur erhielt, führt den Leser in die Wüste und stellt ihm auf einer Ebene die junge Marokkanerin Lalla vor! Diese treibt es aus der Sandwüste hinaus und in das Häusermeer der südfranzösischen Großstadt Marseille hinein, um dort ihr Glück zu finden. Clézios zweiter Handlungsstrang ist die Traumebene der jungen Frau. Auf ihr begegnet ihr immer wieder einer Karawane, die 1909/1910 in der Westsahara unterwegs ist und von der man ihr als Kind oftmals erzählte.

Hanno Rauterberg: Wie frei ist die Kunst – Der neue Kulturkampf und die Krise des Liberalismus – Sachbuch

Schranken in Köpfen nehmen zu, allenthalben wird Sexismus beklagt! Daraus resultierende Folgen: In Museen werden Bilder abgegangen, die Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte lang nicht als anstößig galten. Aber auch Theateraufführungen und Filme werden mit Schlagworten wie Rassismus und Frauenfeindlichkeit, etc. belegt. Es scheint, dass unsere liberale Gesellschaft den Rückwärtsgang eingelegt hat! Diesen sich einschleichenden Vorgang zeigt Hanno Rauterberg in seinem Essay an diversen Beispielen in den verschiedensten kulturellen Bereichen auf und warnt davor, dass die künstlerische Freiheit auf der Strecke bleibt! Daraus resultiert für mich die Gefahr, dass die Prüderie der 50.er Jahre des 20. Jahrhunderts wieder als Maßstab für Kunst etc. gilt! Ein Grund für diese heutige Kunstphobie könnte meiner Ansicht nach sein, dass sich die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen von dem schnellen Wandel in Kunst, Kultur, etc. überrollt fühlen. Für mein Dafürhalten sind allerdings nicht we

A. M. Uhlmann: Büchner – Lesebuch für unserer Zeit

Dieses inzwischen antiquarische Buch, das 1954 im Thüringer Volksverlag erschien, fiel mir auf einem Flohmarkt in die Hände und weist folgendes Vorwort auf: „Die Bourgeoisie ließ das literarische Erbe zerflattern; wir sind verpflichtet, es sorgfältig zu sammeln, es zu studieren und nach kritischer Aneignung weiter zu entwickeln.“ Ja, das waren noch Zeiten als vorgegebnen wurde, wie man zu lesen hat! Ich jedenfalls las es aus Spaß und mit großem Interesse. Die darin aufgeführten Dramen waren mir zwar bekannt, aber ich rezipierte sie gern nochmals. Interessant dazu waren auch die Kommentare sowie die Zeittafel zum Leben des mit 23 Jahren viel zu früh verstorbenen Autors!

Dieter Wellershof: Der Sieger nimmt alles

Der Autor Dieter Wellershoff (1925-2018), der im Erwerbsberuf Lektor war, schrieb 1983 auf mittlerem Unterhaltungsniveau diese mit 511 Seiten „gut weg zu lesende“ leichte Belletristik mit einem zu erwartenden Ende. Im Mittelpunkt der von Allgemeinplätzen strotzenden Story - sie ist in der alten beschaulichen BRD angesiedelt - versucht ein bemühter Geschäftsmann in die Fußstapfen seines Schwiegervaters zu treten, was ihm allerdings aus diversen Gründen sehr große Mühe bereitet.                                                                                                        

Afa-Wossen Asserate: Die neue Völkerwanderung – Wer Europa bewahren will, muss Afrika retten – Sachbuch –

Der äthiopisch-deutsche Geschäftsmann und Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie und folglich Prinz, geboren 1948, hat inzwischen verschiedene Sachbücher geschrieben, u. a. das oben genannte. Es gefiel mir sehr gut, weil es eingehend und informativ die Gründe für die Flucht vieler Afrikaner aus ihrer Heimat nach Europa kritisch hinterfragt und versucht zu erklären wie die Antworten der regierenden Politik in den Zuwanderungsländern , z. B. in Europa, darauf aussehen sollten. Zunächst einmal sei Hilfe zur Entwicklung und Förderung der kleinen Leute wichtig! Hierbei gilt es vor allem Frauen zu fördern, die für Afa-Wossen Asservate die Zukunft Afrikas darstellen und zudem anders als Männer, Geld zusammen halten und es nicht für Spirituosen ausgeben. Gleichzeitig ist es von Bedeutung, so der Autor, dass europäische Politiker darauf achten, dass Afrika gut regiert wird! Als Beispiel dafür nennt er den tansanischen Präsidenten John Magafuli , der ein üppiges Staa

Eva Maaser: Der Moorkönig

Diese leicht zu lesende und ohne höheren Anspruch zu Papier gebrachte Geschichte, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in meiner westfälischen Heimat spielt, beschreibt die Abhängigkeit der geknechteten Kleinbauern, auch Kötter genannt, von ihrem Landherrn, dem Klerus sowie den französischen Besatzern. Bittere Armut, Leid und Ausbeutung sind das Schicksal der Geschundenen und Unmündigen. Ihr klischeehaft beschriebener Alltag zieht sich gleichförmig und monoton dahin. Bis ein so genannter „Spökenkieker“ das Licht der Welt erblickt! Ist dieser merkwürdige Knabe mit dem Zweiten Gesicht, vielleicht ein Hoffnungsschimmer, ein Zeichen für Veränderung und Aufbruch? Schön wäre es …  

Hubert Schleichert: Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren

Der 1935 geborene Wiener Philosoph beschäftigte sich u. a. mit Argumentationsphilosophie, was er in seinen o. g. Aufzeichnungen, die ich nur empfehlen kann, bestens dokumentiert. Anstatt einer Rezension möchte ich Schleichs unten stehenden Absatz rezitieren, der für mich eine hervorragende Anleitung darstellt, mit Menschen umzugehen, die meinen sie haben „Die Wahrheit“, aus welchen Gründen auch immer, für sich gepachtet und müssten sie anderen aufoktroyieren! „Ideologien, Religionen, Schwärmereien, Visionen, Dogmen, Doktrinen, Glaube und Aberglaube, Orthodoxien, Häresien und was der gleichen noch alles geben mag, die zu Verletzungen der Menschenrechte anleiten oder dieselben verharmlosen, soll man attackieren – auch dann, wenn sie sich im Moment lammfromm geben. Denn die Erfahrung lehrt, dass man in diesen Dingen, überhaupt nicht misstrauisch genug sein kann. Deshalb soll man jeden Versuch, die Vernunft verächtlich zu machen, jede Relativierung der Vernunft durch verspielte Intell

Sybille Berg: GRM. Brainfuck

„Schöne neue Welt“ Huxley lässt grüßen! Allerdings ist die Welt, die Sybille Berg in ihrem in Großbritannien spielenden Roman aufzeichnet, um einiges autokratischer: Algorithmen übernehmen die Macht über die Menschheit. Hinzu kommt Brainfuck. Das ist die permanente Überflutung der Gehirne durch massenhafte Informationen! Allerdings sorgen vier Kinder für Gegenwehr; denn sie spielen das Spiel des Neoliberalismus nicht mit. Sie lehnen sich zudem dagegen auf, dass Menschen zur Perfektionierung der Überwachung Chips eingepflanzt werden! Der Halt der Kinder ist Grime (GRM), die größte musikalische Revolution seit dem Punk. Bergs eingängige Sprache entwickelt in ihrer apokalyptischen Story einen unheimlichen Sog, dem ich mich kaum entziehen konnte. Und wenn man zwischen den Zeilen liest, ist unschwer zu erkennen, dass unsere Gegenwart von Bergs Vision eines perfekten Überwachungsstaats, vielleicht weniger trennt, als wir meinen.

Fernan Cabllero (Cecilia Böhl de Faber): Die Möwe

Die spanische Schriftstellerin Cecilia Francisca Josefa Böhl de Faber Larrea wurde als Tochter eines Deutschen am 24.12.1796 in der Schweiz geboren. Sie schrieb unter dem Pseudonym Fernán Caballero, weil ihr klar war, dass man sie als schreibende Frau nicht Ernst nahm. Sie starb am 07.04.1877 in Sevillia, Spanien. In ihrem o. g. Roman zeichnet die „Multikulti“ Autorin eine Art Sittengemälde, das die Stellung einer Frau aus der Oberschicht beschreibt, an dem sich eine Leserin aus „besseren“ Gesellschaftlichen Kreisen zu orientieren hatte. Fazit: Gut zu lesende Unterhaltungsliteratur mit literarischem Anspruch, die Einblicke in längst vergangen Zeiten gibt und zur Reflektion anreget.

Anton Tschechow: Das Duell – Ein kleiner Roman

Ehre, Gerechtigkeit und Wahrheit sind Tschechows Themen in diesem sehr bewegenden, kleinen, aber sehr lesenswerten Roman, der in der russischen Provinz an der kaukasischen Küste spielt. Zum Thema Wahrheit, die viele Menschen für sich gepachtet zu haben scheinen, und dafür auf die eine oder anderen Art (siehe oben!) ihr Leben aufs Spiel setzen, schreibt der mit bereits 44 Jahren verstorbene Tschechow: „Auf der Suche nach der Wahrheit machen die Menschen zwei Schritte voran und einen Schritt zurück, der Durst nach Wahrheit aber und der hartnäckige Wille jagen sie voran und voran. Und wer will es wissen: vielleicht werden sie noch einmal bis zur wirklichen Wahrheit hingelangen …“ Text – Coverrückseite Bürgers Taschenbücher – Ullstein Bücher.

Velma Vellis: Zwei alte Frauen – Eine Legende von Verrat und Tapferkeit

Eine einfach „gestrickte“ Geschichte, die von zwei alten Frauen erzählt, die von ihrer Eskimogemeinschaft ausgestoßen wurden, weil die Nahrung nicht mehr für alle reichte. Aber die Frauen finden in ihrer Not nach einigem Hin und Her zueinander und sogar den Weg zurück in die Gemeinschaft, die sie freudig wieder aufnimmt, weil die zwei „Aussätzigen“ diese vor dem Hungertod bewahren. Das Positive an dieser Geschichte ist, dass sie zeigt, dass Not die Menschen zusammenschweißt, aber weshalb eigentlich erst immer in der Not?

Franziska Schreiber: Inside AfD - Sachbuch

Franziska Schreiber, eine junge ostdeutsche Frau und ehemalige AfD Mitarbeiterin outet in ihrem Erfahrungsbericht diese sich bürgerlich gebende Partei als eindeutig rechts und sieht sie in der Nachfolge der marginalisierten NPD! Nach Aussagen Schreibers fühlen sich verunsicherte misstrauische Menschen aus allen Schichten von dieser Partei angezogen, weil sie ihnen (vermeintlich) einfache Antworten auf komplexe Fragen und Themen bietet. Allerdings streut die AfD gezielt falsche Fakten und setzt Unwahrheiten in die Welt, um bei ihren Wählern vorhandene Vorurteile und Ängste zu schüren bzw. sie anzuheitzen. Was die Wähler von ihrer Partei vor allem erwarten, ist die direkte Ansprache und die permanente Bestätigung ihres „gesunden“ Menschenverstandesverstandes, weil sie ihm erstens vertrauen und sich zweitens ausschließlich von diesem leiten lassen! Genau diese emotionalen Bedürfnisse sind es, die ihnen diese stark rechtslastige Partei bietet, bei der permanente Anschuldigungen und üb

Laura Wilson: Wenn die Nacht kommt

Die einzelnen Kapitel des spannenden und gut geschriebenen Thrillers, der 1940 zur Zeit des 2. Weltkrieges in London spielt, sind jeweils aus der Sichtweise der agierenden Charaktere geschrieben. Besonders interessant und erschreckend zugleich, ist die Perspektive des Mörders, der nach außen hin einen jungen, gut funktionierenden Flieger der britischen Luftwaffe abgibt. Offensichtlich kann er aber nicht damit umgehen, Menschen zu töten, wie es von ihm als Kampfpilot verlangt wird. Allerdings erfüllt er seinen Auftrag trotzdem und macht in einer Art krankhaften Wahns in seiner Freizeit nahtlos da weiter, wofür er als Flieger ausgebildet wurde und bezahlt wird. Übrigens, die über 65 Millionen bei Kampfhandlungen getöteten Menschen des 2. Weltkrieges waren in der Mehrzahl keine Soldaten, sondern Zivilisten!

Zeruya Shalev: Liebesleben

Die 1959 geborene israelische Autorin und studierte Bibelwissenschaftlerin beschreibt in dieser, 1979 im Original erschienen Story, nicht die Geschichte von Adam und Eva, sondern von einer jungen Frau, die sich in einen älteren Mann verliebt und ihm mehr oder weniger verfällt, da sie für diese Liebe sehr viel aufgibt und sich fast in ihr verliert. Klug und raffiniert bringt die Autorin ihre intensive Story in einer faszinierend lebendigen, mitunter tobenden Sprache zu Papier; und fesselt so ihre Leserschaft, in diesem Fall mich, an ihre literarisch glänzenden und voller Erotik steckenden 368 Seiten.

Katrin Lemke: Ricarda Huch/ Die Summe des Ganzen - Sachbuch -:

Die Autorin und Vielschreiberin, sie lebte von 1864 bis 1947, und ihr Werk werden in diesem Buch, das zu ihrem 150. Geburtstag erschien, von der Verfasserin Katrin Lemke ins rechte Licht gesetzt und ihr Oeuvre entsprechend goutiert. Ricarda Huch promovierte als einer der ersten Frauen in Deutschland und verfasste u. a. Novellen und Gedichte, die zur damaligen Zeit u. a. von Rainer Maria Rilke und dem „Mann-Clan“ positiv aufgenommen wurden. Trotz einer gewissen Patina, die ihr schriftstellerisches Werk für uns heute offenbart, ist es nach wie vor lesenswert. Huch wird dem Jugendstil und der Neuromantik zugeordnet. Zudem stellt sich aus heutiger Sicht ihr Lebenslauf als sehr interessant und vielschichtig dar .

Helme Heine: Oh… diese Philosophen - Sachbuch -

Sich mit Philosophen und ihrer Philosophie zu beschäftigen ist einfach immer wieder interessant, auch wenn man bereits das ein oder andere von ihnen gelesen hat. In dem o. g. kleinen Buch stellt der Autor Helme Heine auf unterhaltsame und informative Weise 39 Denker und ihre Ansätze, die sie zwischen 624 v. Chr. bis 1976 nach Chr. verfassten, vor und fügt seinen Ausführungen zudem charmante Zeichnungen bei .

Werner Kinnebrock: Was macht die Zeit, wenn sie vergeht? / Wie die Wissenschaft die Zeit erklärt – Sachbuch -

Wer sich über das „Zeitphänomen“ schlau machen will, stößt in diesem Buch immer wieder auf Größen wie Albert Einstein, Stephen W. Hawking, Werner Heisenberg und andere sowie auf Themen wie Lichtgeschwindigkeit, Entropie und Gravitation etc. Insgesamt erhält man als Leser erhellende Erkenntnisse darüber, was Zeit – die in der Regel niemand hat - eigentlich ist und was sie mit uns macht! Darüber hinaus kann einem selbst klar werden, ob man beispielsweise seine (Lebens-)zeit für sich effektiv und effizient nutzt. Andererseits  lässt sich annehmen, dass  jemand , d er sich  gedanklich intensiv mit der Zeit befasst, schnell  auf philosophische Pfade gerät, die ihm Neues eröffnen können .