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Kai Wieland: Amerika*)


Theken-Geraune aus der süddeutschen Provinz, aufgezeichnet von einem Chronisten! In seinem ersten, gut geschriebenen und interessanten Roman, lässt der noch junge Autor in einem fiktiven schwäbischen Provinzwirtshaus, seinen Protagonisten aufs Maul der Gäste schauen, die ihm lebhaft und viel, nicht zuletzt aus der braunen Vergangenheit, zu erzählen haben. Wielands Rückblick in die Nachkriegszeit ist sehr bemerkenswert, besonders da er seine gleichaltrigen Leser nicht nur auf diese Zeit aufmerksam macht, sondern ihnen zudem aufzeigt, dass der Nationalsozialismus damals nicht wirklich aufgearbeitet worden ist! Denn wie wäre es ansonsten möglich, dass heutzutage rechte Parteien bei uns in Deutschland wieder einen so starken Zuspruch finden. Der 1989 geborene Autor lässt für mich hoffen, dass es ihm gelingt, seine Generation für das Thema 3. Reich zu sensibilisieren und sie dazu bringt sich mit diesem auseinanderzusetzen. Vielleicht sollte dieser Roman Pflichtlektüre in deutschen Schulen werden, um noch jüngere Menschen an das Thema heranzuführen?
*) Der Romantitel ist eine Anspielung auf die "Information Control Division“ (ICD), die
eine Propaganda- und Zensurabteilung der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland war.

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