Der inzwischen fast 92 jährige deutsch-französische Autor mit
jüdischen Wurzeln, dessen Familie bereits im 19. Jahrhundert zum
Protestantismus konvertierte, hat meines Erachtens mehr als eine
Biografie verfasst, denn seine sehr literarisch und hervorragend
geschriebenen Ausführungen stellen für mich eine Art geschichtliches
Dokument des 20. Jahrhunderts dar, das jeder, der an deutscher
(persönlicher) Geschichte interessiert ist, unbedingt lesen sollte! So
erfährt man unter anderem, dass bereits im 15. und 16. Jahrhundert Juden
in Deutschland auf der Flucht waren und nach Polen einwanderten, dort
wurde aus ihrem Deutsch „Jiddisch“! Zudem gründete 1850 eine Verwandte
des Autors den ersten Kindergarten in Hamburg. Zum Thema Kinder schreibt
der Autor weiter: „Wahrscheinlich liegt der Ursprung vieler der auf der
Welt begangener Verbrechen in Leiden, die man ungerechterweise Kindern
zugefügt hat.“ (S. 177). Als jemand der selbst viele Jahre in einem
christlichen Internat in den savoyischen Alpen verbrachte, schreibt
Goldschmidt: „Es gibt kein Internat, es gab nie eines und es wird auch
nie eins geben, wo man nicht willentlich irgendwelche elternlose Seelen
zerstört hätte.“ (S.179) So gesteht er zum Thema Internat weiter: "...es
war wie ein Abenteuer; es war eine perverse und leidenschaftliche
Unterwerfung, die mich festhielt.“ (S. 262) Und als erstaunliches
Resümee führt Goldschmidt aus, dass er es trotz allem Unglück, das ihm
geschah, geschafft hat, in Frankreich Wurzeln zu schlagen!
Der Autor Dieter Wellershoff (1925-2018), der im Erwerbsberuf Lektor war, schrieb 1983 auf mittlerem Unterhaltungsniveau diese mit 511 Seiten „gut weg zu lesende“ leichte Belletristik mit einem zu erwartenden Ende. Im Mittelpunkt der von Allgemeinplätzen strotzenden Story - sie ist in der alten beschaulichen BRD angesiedelt - versucht ein bemühter Geschäftsmann in die Fußstapfen seines Schwiegervaters zu treten, was ihm allerdings aus diversen Gründen sehr große Mühe bereitet.
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