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Bernhard Pörksen: Die große Gereiztheit - Sachbuch -

In seinem unaufdringlich aufklärerischen und sehr zu empfehlenden Sachbuch zeigt der Medienwissenschaftler Pörksen auf, wie sich vernetzte User mit Gerüchten, Skandalen usw. im Internet in einen Kokon begeben, in dem sie sich geborgen fühlen, weil sie unter ihresgleichen sind. Hier verpuppen sie sich in ihrer eigenen Welt, in der nur ihre Wahrheit zählt! Reales bleibt auf der Strecke und findet in ihrem versponnen „Fake-News-Kokon“ nicht statt. In diesem diffusen Konstrukt, das eine immense Eigendynamik entwickelt, werden aus Gerüchten Tatsachen und Falschmeldungen ernst genommen. Was draußen real passiert, ist in dieser Scheinwelt nicht relevant, denn in ihr hat „man“ (sich) etwas zu sagen! Der Einzelne fühlt sich in seiner Meinung von Gleichgesinnten bestärkt. Ihr gemeinsamer Feind ist die Außenwelt, vor der sie sich verschließen und von der sie sich Stück für Stück entfernen. Was sich aus diesem Konglomerat für die reale Welt ergeben kann, war bereits nicht selten ein böses Erwachen!

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Nathalie Sarraute: Die goldenen Früchte

Nathalie Sarraute erzählt die „Geschichte“ eines Romans, der nicht existiert! Geschrieben ist er im Stil des „Nouveaus“, den die Autorin im Frankreich der 60er Jahre mitbegründete. Diese Art des Schreibens ist eher deskriptiv, wenn sie Handlung transferiert. Auf den konventionellen Leser wirkt dieses retardierend. 1964 wurde die Autorin für ihren Roman, der mich einerseits irritierte und andererseits faszinierte mit dem internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. Wer einmal „ausgetretene“ Literaturpfade meiden möchte, ist mit diesem eher kurzgehaltenen Roman bestens bedient und vielleicht auch, wie ich, von ihm und seiner Thematik angetan!

Nathalie Sarraute: Tropismen

Die 1900 in Russland geborene Autorin lebte ab 1902 bei ihrer nach Frankreich übergesiedelten Mutter. Allerdings verbrachte sie einen Monat im Jahr in Russland bei ihrem Vater, einem eher areligiösen jüdischen Fabrikanten. Auch er ging 1907 nach Frankreich. So saß sie als Kind quasi in ihrer neuen Heimat zwischen den Stühlen ihrer Eltern, die beide mit neuen Partnern liiert waren. Den Hang zum Schreiben hatte die Autorin offensichtlich von ihrer Mutter, die sich in diesem Metier bereits in ihrer Heimat versuchte. Nathalie Sarrautes Art zu schreiben, ist eher die, des sich Herantasten an Worte, an Sprache. „Tropismen“ ist ihr erstes (schmales) Buch, es erschien 1938. Die deutschsprachige von mir gelesene Übersetzung von Max Hölzer erschien 1985 in „Cotta‘s Bibliothek der Moderne“. Wer „Experimentelles“ mag, liegt mit Nathalie Sarraute, richtig. Die Autorin verstarb im Alter von 99 Jahren!