Diese Geschichte spielt in der kleinen Bergbaustadt Penzberg im
Alpenvorland in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie
beschreibt aus der Sicht eines Jungen die gesellschaftlichen und
ökonomischen Verhältnisse der damaligen Zeit. Im Mittelpunkt der
Geschichte steht sein „Onkel Amerika“ der Bruder seiner Mutter, der die
Sehnsucht der Einheimischen nach dem gepriesenen Land des
wirtschaftlichen Wohlstands verkörpert und dieses mit einem
Ami-Schlitten dokumentiert. Der Autor, der in diesem kleinen „rußigen“
Industrieort aufgewachsen ist, erzählt seine Geschichte und die seiner
Familien und allen anderen Einwohnern mit ihren großen und kleinen
Sorgen und unerwartenden Geheimnissen sehr lebendig und einfühlend. Wer
in dieser Zeit gelebt hat bzw. Aufgewachsen ist, hat bei den
gesellschaftlichen Beschreibungen des Alltags sicherlich das ein oder
andere Déjà-vu-Erlebnis und fühlt sich in die Zeit zurückversetzt, so
wie es mir an der einen oder anderen Stelle erging. Aber auch
Nachgeborenen bietet diese Geschichte mit einem unerwartenden Ausgang
gute Unterhaltung mit Einblicken in eine längst vergessene Zeit, die
man, wenn man sie nicht selbst erlebt hat, wahrscheinlich nur schwer
vorstellen kann.
Nathalie Sarraute erzählt die „Geschichte“ eines Romans, der nicht existiert! Geschrieben ist er im Stil des „Nouveaus“, den die Autorin im Frankreich der 60er Jahre mitbegründete. Diese Art des Schreibens ist eher deskriptiv, wenn sie Handlung transferiert. Auf den konventionellen Leser wirkt dieses retardierend. 1964 wurde die Autorin für ihren Roman, der mich einerseits irritierte und andererseits faszinierte mit dem internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. Wer einmal „ausgetretene“ Literaturpfade meiden möchte, ist mit diesem eher kurzgehaltenen Roman bestens bedient und vielleicht auch, wie ich, von ihm und seiner Thematik angetan!
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