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Johann Bauer: Onkel Amerika und die wundersamen Jahre der Symetrie

Diese Geschichte spielt in der kleinen Bergbaustadt Penzberg im Alpenvorland in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie beschreibt aus der Sicht eines Jungen die gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse der damaligen Zeit. Im Mittelpunkt der Geschichte steht sein „Onkel Amerika“ der Bruder seiner Mutter, der die Sehnsucht der Einheimischen nach dem gepriesenen Land des wirtschaftlichen Wohlstands verkörpert und dieses mit einem Ami-Schlitten dokumentiert. Der Autor, der in diesem kleinen „rußigen“ Industrieort aufgewachsen ist, erzählt seine Geschichte und die seiner Familien und allen anderen Einwohnern mit ihren großen und kleinen Sorgen und unerwartenden Geheimnissen sehr lebendig und einfühlend. Wer in dieser Zeit gelebt hat bzw. Aufgewachsen ist, hat bei den gesellschaftlichen Beschreibungen des Alltags sicherlich das ein oder andere Déjà-vu-Erlebnis und fühlt sich in die Zeit zurückversetzt, so wie es mir an der einen oder anderen Stelle erging. Aber auch Nachgeborenen bietet diese Geschichte mit einem unerwartenden Ausgang gute Unterhaltung mit Einblicken in eine längst vergessene Zeit, die man, wenn man sie nicht selbst erlebt hat, wahrscheinlich nur schwer vorstellen kann.

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Nathalie Sarraute: Die goldenen Früchte

Nathalie Sarraute erzählt die „Geschichte“ eines Romans, der nicht existiert! Geschrieben ist er im Stil des „Nouveaus“, den die Autorin im Frankreich der 60er Jahre mitbegründete. Diese Art des Schreibens ist eher deskriptiv, wenn sie Handlung transferiert. Auf den konventionellen Leser wirkt dieses retardierend. 1964 wurde die Autorin für ihren Roman, der mich einerseits irritierte und andererseits faszinierte mit dem internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. Wer einmal „ausgetretene“ Literaturpfade meiden möchte, ist mit diesem eher kurzgehaltenen Roman bestens bedient und vielleicht auch, wie ich, von ihm und seiner Thematik angetan!

Nathalie Sarraute: Tropismen

Die 1900 in Russland geborene Autorin lebte ab 1902 bei ihrer nach Frankreich übergesiedelten Mutter. Allerdings verbrachte sie einen Monat im Jahr in Russland bei ihrem Vater, einem eher areligiösen jüdischen Fabrikanten. Auch er ging 1907 nach Frankreich. So saß sie als Kind quasi in ihrer neuen Heimat zwischen den Stühlen ihrer Eltern, die beide mit neuen Partnern liiert waren. Den Hang zum Schreiben hatte die Autorin offensichtlich von ihrer Mutter, die sich in diesem Metier bereits in ihrer Heimat versuchte. Nathalie Sarrautes Art zu schreiben, ist eher die, des sich Herantasten an Worte, an Sprache. „Tropismen“ ist ihr erstes (schmales) Buch, es erschien 1938. Die deutschsprachige von mir gelesene Übersetzung von Max Hölzer erschien 1985 in „Cotta‘s Bibliothek der Moderne“. Wer „Experimentelles“ mag, liegt mit Nathalie Sarraute, richtig. Die Autorin verstarb im Alter von 99 Jahren!