Diesen Roman, geschrieben von einem amerikanischen Rechtsanwalt,
lieh ich mir von einer Bekannten aus, weil sie erstens über ihn sprach
und weil mich zweitens ihr Büchergeschmack interessierte und ich
drittens mit ihr über ihn diskutieren möchte. Eigentlich sind nur die
Ausführungen über die Rassenungleichheiten in den USA bis in die heutige
Zeit und einige Bemerkungen über egoistische Verhaltensmuster vieler
Individuen westlicher Gesellschaften lesenswert. Die Handlung des 850
Seiten umfassenden „Thrillers“ zieht sich hin wie ein Kaugummi und ein
Spannungsbogen ist nirgends auszumachen. Die Anlehnungen an
Figurenkonstalliationen beim Schachspiel in den Kaptitelüberschriften
sind ebenso konstruiert wie der gesamte Verlauf der Story. Der
konservative Protagonist, ein Juraprofessor, der wie der Autor der
afroamerikanischen Oberschicht angehört, steckt in einer imaginären
Zwangsjacke gesellschaftlicher und religiöser Dogmen und lässt sich von
seiner, ebenfalls schwarzen, untreuen Ehefrau hintergehen. Ihre Karriere
und ihre außerehelichen Abenteuer sind ihr wichtiger als Mann und Sohn.
Aber der gute Protagonist, eifriger Christ und freiwilliger Helfer in
einer wohltätigen Suppenküche, nimmt alle Schuld auf sich, wie es ihm
sein Referent befiehlt. Abschließend muss ich Carter bitten: „Anwalt
bleib bei deinen Paragraphen!“
Der Autor Dieter Wellershoff (1925-2018), der im Erwerbsberuf Lektor war, schrieb 1983 auf mittlerem Unterhaltungsniveau diese mit 511 Seiten „gut weg zu lesende“ leichte Belletristik mit einem zu erwartenden Ende. Im Mittelpunkt der von Allgemeinplätzen strotzenden Story - sie ist in der alten beschaulichen BRD angesiedelt - versucht ein bemühter Geschäftsmann in die Fußstapfen seines Schwiegervaters zu treten, was ihm allerdings aus diversen Gründen sehr große Mühe bereitet.
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