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Elizabeth von Arnim : Elizabeth auf Rügen - Ein Reiseroman -

- “Wenn einer eine Reise tut,…“ Ja, Elizabeth von Arnim hat viel zu erzählen! Ihre Urlauberlebnisse auf Rügen liegen zwar schon mehr als 100 Jahre zurück. Aber interessant sind sie für den heutigen Zeitgenossen allemal, hat sich doch an dem Typus „Deutscher (Tourist)“ nicht viel geändert: laut, selbstherrlich und in Massen auftretend eher unerträglich. Außerdem lassen die nationalgeprägten Gesänge und Parolen der durch übermäßigen Bierkonsum angeheiterter Feriengäste bereits ein Jahrzehnt vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges Düsteres erahnen. Etwas anderes hat sich allerdings radikal geändert: Blieb man anno dazumal in der Regel vier Wochen an seinem Urlaubsort, so reichen vielen Reisenden inzwischen vier Tage! Außerdem bietet der Roman interessante Einblicke in die damalige Gesellschaft mit ihren gravierenden Standesunterschieden und der Reduzierung der Frau auf kuschendes Eheweib und funktionierende Mutter. Emanzipierte Frauen hatten es zur damaligen Zeit ziemlich schwer, denn sie wurden nicht nur von den Männern schief angesehen, sondern auch von ihren Geschlechtsgenossinnen. Selbst Elizabeth von Arnim tut sich mit den Ansichten ihrer missionierenden Cousine, die sich vehement für Frauenrechte einsetzt und überall Unterdrückung vermutet, schwer. Neben den gesellschaftlichen Analysen sind die Landschaftsbeschreibungen der Insel Rügen, auch wenn sie sich inzwischen gravierend geändert haben, sehr interessant und wecken Lust auf einen Trip dorthin. Leider wird mich in absehbarer Zeit mein Weg nicht auf diese größte deutsche Insel führen, die ich zuletzt vor mehr als 20 Jahren besuchte. Aber vielleicht hat aufgrund meiner Ausführungen die ein oder andere Leserin bzw. der ein oder andere Leser Lust auf eine Reise dorthin bekommen. Ansonsten bietet Elizabeth von Arnims literarische Reisebeschreibung sicher auch an anderen (Urlaubs-)Orten kurzweilige und augenzwinkernde Unterhaltung und allgemein Freude an der Natur!

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