Der Roman, der in meiner Heimat in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts spielt, ist teilweise in Platt (Niederdeutsch) geschrieben.
Einige Wörter und Begriffe waren mir, obwohl ich mit Hochdeutsch
aufgewachsen bin, aber durchaus geläufig, z.B. durch meine Großmutter
mütterlicherseits. Durch sie wurde ich auch als 10-Jähriger
auf die Verwandtschaft des Niederdeutschen mit dem Englischen
aufmerksam! Zwischen dem münsterländer und dem ostwestfälischen Platt
gibt es aber einige Nouncen. Einflussreich auf die Sprache der Einwohner
dieser Regionen, wie auf vieles Andere, war selbstverständlich die
„Franzosenzeit“ zwischen 1792 und 1815. Die historische Vorlage für die
Hauptfigur des Romans „Der tolle Blomberg“, der u. a. mit Hans Albers
1957 verfilmt wurde, war Gisbert von Romberg (1839-1897). Er wurde auf
Schloss Buldern bei Münster geboren und war Mitglied eines alten
protestantisches Adelsgeschlechts aus der Grafschaft Mark, die ein
Territorium des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation im
Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis war. Die Familie von Romberg
gehörte zu den reichsten Familien im Königreich Preußen. Sie engagierte
sich früh in der angehenden Industrialisierung des Ruhrgebiets und
besaß z. B. Beteiligungen an Zechen. (Der Fakt der Industrialisierung
von Teilen Westfalens findet in diesem Roman sogar Erwähnung!) Der
Freiherr von Romberg führte einen exzessiven Lebenswandel und stand
1881 kurz vor der Entmündigung. Josef Winckler lässt den Freiherrn in
seinem Roman wieder lebendig werden und schildert seine tatsächlichen
und angedichteten Exzesse, die für mich auch heute noch sehr lebendig
wirken und die „gute alte Zeit“ wieder aufblitzen lassen. So genannte
Unikate bzw. Individuen wie Gisbert von Romberg gibt es in unserem
sterilen und annähernd "unmenschlichen" Zeitalter, in dem nur Angepasste -
übrigens in allen gesellschaftlichen Schichten - gefragt sind, leider
nicht mehr! Diesen Fakt finde ich sehr schade! Und gerade deshalb
erfreut mich so ein Roman wie ihn Josef Winckler verfasst hat sehr.
Deshalb würde ich mich freuen wenn dieser Schelmenroman sowie andere
dieses Genres, zukünftig wieder mehr Leser finden würde.
Der Autor Dieter Wellershoff (1925-2018), der im Erwerbsberuf Lektor war, schrieb 1983 auf mittlerem Unterhaltungsniveau diese mit 511 Seiten „gut weg zu lesende“ leichte Belletristik mit einem zu erwartenden Ende. Im Mittelpunkt der von Allgemeinplätzen strotzenden Story - sie ist in der alten beschaulichen BRD angesiedelt - versucht ein bemühter Geschäftsmann in die Fußstapfen seines Schwiegervaters zu treten, was ihm allerdings aus diversen Gründen sehr große Mühe bereitet.
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