Gregor von Rezzoni (1914-1998) Ödipus siegt bei Stalingrad und Ein Hermelin in Tschernopol. Ein maghrebinischer Roman.
Ich las diesen Autor, der in den 50.er Jahren - also vor meiner (Lese-)Zeit - en vogue war, sozusagen im Doppelpack:
- Ödipus siegt bei Stalingrad
Es geht es um das Leben in Berlin nach den Kriegsjahren, in dem die Menschen und vor allem auch der (osteuropäische) Landadel wieder Fuß fassen will. Dieses geschieht vor allem in einer Schein- und Halbwelt, in der alkoholische und sexuelle Ausschweifungen - Mann und Frau hatten offensichtlich Nachholbedarf - scheinbar an der Tagesordnung waren. Rezzoni, der mit seiner humanistischen Bildung protzt, ist ansonsten ein sehr guter Beobachter und Erzähler, sodass es ihm gelingt, eine interessante Milieustudie der Zeit und das sich im Schwebezustand befindlichen Berlin seinem Leser näher zu bringen. Zudem spricht er den Leser als eine Art ständigen Begleiter bzw. Stadtführer immer wieder persönlich an. Dieses Verfahren ist für mich ein positives Stilmittel, das der Erzählung gut tut. Allerdings ist der Romantitel sehr verwirrend und offensichtlich in Absprache mit dem Verlag falsch gewählt, da er sich nicht aus der Geschichte heraus erschließt und andererseits der Ort Stalingrad bis heute absolut negativ besetzt ist. Zudem kommt leider negativ hinzu, dass der gute Rezzoni einfach kein Ende findet.
- Ein Hermelin in Tschernopol. Ein maghrebinischer Roman:
Tschernopol ist das Pseudonym für Rezzonis Heimatstadt Czernowitz, die in der Bukowina, deutsch auch Buchenland, liegt. Sie ist eine historische Landschaft im Grenzraum zwischen Mittel-, Südost- und Osteuropa. Zur Zeit seiner Geburt war Rezzonis Vater Beamter in der dort herrschenden Österreichisch-Ungarische Monarchie. Auffallend und sehr interessant ist diese Region vor allem durch ihre multiethnische Bevölkerung, die der Autor in seinen Kindheitserinnerungen lebendig werden lässt und in denen sich in dem Verlauf der Jahre starke Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichsten politischen Gruppen andeuten, die ein friedliches Miteinander der buntgemischten Völkerschar mehr und mehr infrage stellt. Im Mittelpunkt der Erzählung steht der Major Tildy, der sich, streng an den Ehrenkodex der zerbrochenen kaiserlich-königlichen Armee hält. Er stellt für Rezzoni den Hermelin in dieser Geschichte dar. Dabei beruft er sich auf eine Aufzeichnung aus dem zweiten Jahrhundert mit dem Titel "Physiologus", in der stehen soll: "Der Hermelin stirbt, wenn sein Vlies befleckt wird." Und genau dies ist auf moralischer Ebene mit Tildy geschehen. Er geht schließlich daran zugrunde und mit ihm auch irgendwie Maghrebinien. Der Roman erfasst das Leben der Menschen in der damaligen Zeit in dieser Vielvölkerregion ganz wunderbar und lässt ihn besonders durch die vorzügliche und zum Teil witzige Charakterisierung einzelner Typen sehr lebendig werden. Als Leser fühlt man sich quasi mitten im Geschehn. Das allerdings ein ca. 14jähriger Ich-Erzähler viele Ereignisse so erfassen kann, wie es in dieser Geschichte geschieht, und dazu auch noch großartige Reflektionen anstellt, zu denen nicht einmal viele Erwachsene fähig sind, ist doch eher unwahrscheinlich. Aber als lesenwert erachte ich diesen Roman allemal, allerdings würde ich ihn nicht, wie durch einen Kritiker geschehen, mit Roths „Radetzkymarsch“ auf eine Stufe stellen.
- Ödipus siegt bei Stalingrad
Es geht es um das Leben in Berlin nach den Kriegsjahren, in dem die Menschen und vor allem auch der (osteuropäische) Landadel wieder Fuß fassen will. Dieses geschieht vor allem in einer Schein- und Halbwelt, in der alkoholische und sexuelle Ausschweifungen - Mann und Frau hatten offensichtlich Nachholbedarf - scheinbar an der Tagesordnung waren. Rezzoni, der mit seiner humanistischen Bildung protzt, ist ansonsten ein sehr guter Beobachter und Erzähler, sodass es ihm gelingt, eine interessante Milieustudie der Zeit und das sich im Schwebezustand befindlichen Berlin seinem Leser näher zu bringen. Zudem spricht er den Leser als eine Art ständigen Begleiter bzw. Stadtführer immer wieder persönlich an. Dieses Verfahren ist für mich ein positives Stilmittel, das der Erzählung gut tut. Allerdings ist der Romantitel sehr verwirrend und offensichtlich in Absprache mit dem Verlag falsch gewählt, da er sich nicht aus der Geschichte heraus erschließt und andererseits der Ort Stalingrad bis heute absolut negativ besetzt ist. Zudem kommt leider negativ hinzu, dass der gute Rezzoni einfach kein Ende findet.
- Ein Hermelin in Tschernopol. Ein maghrebinischer Roman:
Tschernopol ist das Pseudonym für Rezzonis Heimatstadt Czernowitz, die in der Bukowina, deutsch auch Buchenland, liegt. Sie ist eine historische Landschaft im Grenzraum zwischen Mittel-, Südost- und Osteuropa. Zur Zeit seiner Geburt war Rezzonis Vater Beamter in der dort herrschenden Österreichisch-Ungarische Monarchie. Auffallend und sehr interessant ist diese Region vor allem durch ihre multiethnische Bevölkerung, die der Autor in seinen Kindheitserinnerungen lebendig werden lässt und in denen sich in dem Verlauf der Jahre starke Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichsten politischen Gruppen andeuten, die ein friedliches Miteinander der buntgemischten Völkerschar mehr und mehr infrage stellt. Im Mittelpunkt der Erzählung steht der Major Tildy, der sich, streng an den Ehrenkodex der zerbrochenen kaiserlich-königlichen Armee hält. Er stellt für Rezzoni den Hermelin in dieser Geschichte dar. Dabei beruft er sich auf eine Aufzeichnung aus dem zweiten Jahrhundert mit dem Titel "Physiologus", in der stehen soll: "Der Hermelin stirbt, wenn sein Vlies befleckt wird." Und genau dies ist auf moralischer Ebene mit Tildy geschehen. Er geht schließlich daran zugrunde und mit ihm auch irgendwie Maghrebinien. Der Roman erfasst das Leben der Menschen in der damaligen Zeit in dieser Vielvölkerregion ganz wunderbar und lässt ihn besonders durch die vorzügliche und zum Teil witzige Charakterisierung einzelner Typen sehr lebendig werden. Als Leser fühlt man sich quasi mitten im Geschehn. Das allerdings ein ca. 14jähriger Ich-Erzähler viele Ereignisse so erfassen kann, wie es in dieser Geschichte geschieht, und dazu auch noch großartige Reflektionen anstellt, zu denen nicht einmal viele Erwachsene fähig sind, ist doch eher unwahrscheinlich. Aber als lesenwert erachte ich diesen Roman allemal, allerdings würde ich ihn nicht, wie durch einen Kritiker geschehen, mit Roths „Radetzkymarsch“ auf eine Stufe stellen.
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