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Gabriele Hoffmann: Heinrich Böll – Eine Biographie –

Diese Biografie, die dem Menschen Heinrich Böll sehr nahe kommt, gefiel mir sehr gut, denn sie enthüllte für mich viel Neues über den Autor. Besonders seine so genannte „Fahnenflucht“ aus der Wehrmacht, verbunden mit krankmachender Selbstmedikation, hat mich sehr beeindruckt! Als Kind bzw. Jugendlicher hörte ich von den Erwachsenen ständig dieselbe Ausrede: „Wir konnten ja nichts gegen Hitler und den Krieg machen“. Diese Aussage wird wieder einmal ad absurdum geführt!!! In diesem Fall durch den sehr stark vom Ur-Katholizismus geprägten Humanisten Böll. Zudem hat mich sein Auftreten in den spießigen und reaktionären 50er und 60er Jahren, in denen er nicht selten angefeindet wurde, sehr imponiert. Das gilt später ebenso für seinen Einsatz gegen die Stationierung der Pershingraketen. Als herausragenden Autor würde ich ihn allerdings nicht bezeichnen, er war eher der Schriftsteller, der mit seinen Romanen und Erzählungen den Finger in die Wunde des Zeitgeistes des Wirtschaftswunders legte, siehe oben, und damit nicht wenigen Menschen, denen die Flucht in den Konsum und die mangelnde Auseinandersetzung mit der Nazivergangenheit zuwider war, aus der Seele sprach. Auch Bölls Außenwirkung als Botschafter eines neuen, sich verändernden Deutschlands in Form der BRD ist letztlich nicht zu unterschätzen!

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Nathalie Sarraute: Die goldenen Früchte

Nathalie Sarraute erzählt die „Geschichte“ eines Romans, der nicht existiert! Geschrieben ist er im Stil des „Nouveaus“, den die Autorin im Frankreich der 60er Jahre mitbegründete. Diese Art des Schreibens ist eher deskriptiv, wenn sie Handlung transferiert. Auf den konventionellen Leser wirkt dieses retardierend. 1964 wurde die Autorin für ihren Roman, der mich einerseits irritierte und andererseits faszinierte mit dem internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. Wer einmal „ausgetretene“ Literaturpfade meiden möchte, ist mit diesem eher kurzgehaltenen Roman bestens bedient und vielleicht auch, wie ich, von ihm und seiner Thematik angetan!

Nathalie Sarraute: Tropismen

Die 1900 in Russland geborene Autorin lebte ab 1902 bei ihrer nach Frankreich übergesiedelten Mutter. Allerdings verbrachte sie einen Monat im Jahr in Russland bei ihrem Vater, einem eher areligiösen jüdischen Fabrikanten. Auch er ging 1907 nach Frankreich. So saß sie als Kind quasi in ihrer neuen Heimat zwischen den Stühlen ihrer Eltern, die beide mit neuen Partnern liiert waren. Den Hang zum Schreiben hatte die Autorin offensichtlich von ihrer Mutter, die sich in diesem Metier bereits in ihrer Heimat versuchte. Nathalie Sarrautes Art zu schreiben, ist eher die, des sich Herantasten an Worte, an Sprache. „Tropismen“ ist ihr erstes (schmales) Buch, es erschien 1938. Die deutschsprachige von mir gelesene Übersetzung von Max Hölzer erschien 1985 in „Cotta‘s Bibliothek der Moderne“. Wer „Experimentelles“ mag, liegt mit Nathalie Sarraute, richtig. Die Autorin verstarb im Alter von 99 Jahren!