Nathalie Sarraute erzählt die „Geschichte“ eines Romans, der nicht existiert! Geschrieben ist er im Stil des „Nouveaus“, den die Autorin im Frankreich der 60er Jahre mitbegründete. Diese Art des Schreibens ist eher deskriptiv, wenn sie Handlung transferiert. Auf den konventionellen Leser wirkt dieses retardierend. 1964 wurde die Autorin für ihren Roman, der mich einerseits irritierte und andererseits faszinierte mit dem internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. Wer einmal „ausgetretene“ Literaturpfade meiden möchte, ist mit diesem eher kurzgehaltenen Roman bestens bedient und vielleicht auch, wie ich, von ihm und seiner Thematik angetan!
Buchrezensionen
In diesem Roman erzählt der fiktive Engländer Logon Mounstuart, der in Uruguay geboren wurde, seine Biographie in Tagebuchform. An Hand des Lebens seiner Hauptfigur bringt Boyd seinem Leser die Geschichte des 20. Jahrhunderts nahe. Dies geschieht indem Logon Mounstuart allerhand Abenteuer erlebt, an politischen Brennpunkten und Kriegsschauplätzen auftaucht und berühmte Menschen der Zeitgeschichte, vor allem Künstler - insbesondere bildende - trifft. Er ist somit der Mann, der zur passenden Zeit am richtigen Ort war! Um seiner Hauptfigur größere Glaubwürdigkeit zu verschaffen und ihn als realen Zeitzeugen erscheinen zu lassen, was ihm durchaus gelingt, hat der Autor Fußnoten und am Schluss seines Werkes sogar ein Register angefügt, das auf die Personen, Schauplätze, Ereignisse etc. verweist, mit denen Mounstuart im 20. Jahrhundert in Berührung kam. Die Story ist bis auf einige - unweigerlichen? - Längen spannend erzählt, informativ, unterhaltend, recht amüsant und sogar ein wenig „schlüpfrig“*).
An manchen Stellen scheint die Fantasie mit Boyd durchzugehen, aber das sei ihm verziehen, denn im Großen und Ganzen handelt es sich für mich bei „Eines Menschen Herz“ um einen gelungen Roman. Manche Leser sagen es sei Boyds bester, das kann ich aber nicht beurteilen, weil es für mich der erste war, den ich von ihm las.
Allerdings gefällt mir dieser Roman nicht, weil ich den Eindruck habe, dass der Autor Köhlmeier - wie unter Zwang stehend? - alle möglichen Ereignisse schildern wollte und unendliche viele Figuren des 20. Jahrhunderts auftreten lassen musste. Mir scheint, dass Köhlmeier ein epochales, unvergessliches Werk des vergangenen Jahrhunderts beim Schreiben vor Auge hatte, wobei er sich leider nach meinem Dafürhalten - im wahrsten Sinne des Wortes - verzettelt hat.
Anmerkung: Boyds Roman hat 500 Seiten, der von Köhlmeier sogar (leider) fast 800.