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Clemens J. Setz: Die Frequenzen

Der österreichische Autor weiß viel, besser gesagt er hat sehr viel zu sagen und deshalb umfasst sein 2009 erschienener Roman rund 700 Seiten. Er schrieb ihn nach seinem Debüt „Söhne und Planeten“. Clemens J. Setz erzählt in seiner collagenartigen Geschichte, die in seiner Heimatstadt Graz spielt, von zwei miteinander befreundeten Jungen, Alexander Kerfuchs und Walter Zmal, die sich nach einem längeren Zeitraum wieder treffen. In dieser Erzählung geht es vorwiegend um die Nähe und Distanz zu ihren Vätern, mit denen sie in Konflikt stehen bzw. standen. Aber es geht auch um Einsamkeit, Nähe und nicht im geringen Maße um Sex, der ausgeschmückt und variantenreich geschildert wird. Und genau das ist für mich der zu bekrittelnde Punkt dieses mit Stilblüten gespickten Familienromans: Das ausschweifende und oftmals ausschmückende Erzählen, bei dem man als Leser recht schnell den Faden verliert! Mein Fazit: Großer Einfallsreichtum und übersprudelnde Fantasie bilden für mich nicht allein die Grundlage eines guten und überzeugenden Autors. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, denn Ansätze dazu hat Clemens J. Setz durchaus. Allerdings muss ja nicht gleich jeder österreichische Autor wie Robert Musil schreiben können!

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Nathalie Sarraute: Die goldenen Früchte

Nathalie Sarraute erzählt die „Geschichte“ eines Romans, der nicht existiert! Geschrieben ist er im Stil des „Nouveaus“, den die Autorin im Frankreich der 60er Jahre mitbegründete. Diese Art des Schreibens ist eher deskriptiv, wenn sie Handlung transferiert. Auf den konventionellen Leser wirkt dieses retardierend. 1964 wurde die Autorin für ihren Roman, der mich einerseits irritierte und andererseits faszinierte mit dem internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. Wer einmal „ausgetretene“ Literaturpfade meiden möchte, ist mit diesem eher kurzgehaltenen Roman bestens bedient und vielleicht auch, wie ich, von ihm und seiner Thematik angetan!

Nathalie Sarraute: Tropismen

Die 1900 in Russland geborene Autorin lebte ab 1902 bei ihrer nach Frankreich übergesiedelten Mutter. Allerdings verbrachte sie einen Monat im Jahr in Russland bei ihrem Vater, einem eher areligiösen jüdischen Fabrikanten. Auch er ging 1907 nach Frankreich. So saß sie als Kind quasi in ihrer neuen Heimat zwischen den Stühlen ihrer Eltern, die beide mit neuen Partnern liiert waren. Den Hang zum Schreiben hatte die Autorin offensichtlich von ihrer Mutter, die sich in diesem Metier bereits in ihrer Heimat versuchte. Nathalie Sarrautes Art zu schreiben, ist eher die, des sich Herantasten an Worte, an Sprache. „Tropismen“ ist ihr erstes (schmales) Buch, es erschien 1938. Die deutschsprachige von mir gelesene Übersetzung von Max Hölzer erschien 1985 in „Cotta‘s Bibliothek der Moderne“. Wer „Experimentelles“ mag, liegt mit Nathalie Sarraute, richtig. Die Autorin verstarb im Alter von 99 Jahren!