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Adolf Muschug: Kinderhochzeit

Dieser Roman des schweizerischen Schriftstellers ist mit vielen Charakteren gespickt und hat einen leicht epochalen Charakter, der sich aufgrund zahlreicher Handlungsstränge ergibt, die allerdings nicht selten unversehens enden. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen ein Kommissar und eine ermordete Millionärin einer Aluminiumfabrik. Des Weiteren befasst sich die ausufernde Story mit der Schweizer Neutralitätspolitik und ihren Verstrickungen mit den Nationalsozialisten, die ein Privatgelehrter versucht aufzuklären. Zudem wird ein Foto einer Kinderhochzeit bei einem Festumzug im Jahr 1949 thematisiert, um im Buchtitel seine Entsprechung zu finden. Des Weiteren lässt Adolf Muschug seine humanistische Bildung sehr stark in seinen Text einfließen und versucht mit ihr zu brillieren. Zudem bietet er seiner Leserschaft Exkurse in die Bibel. All diese scheinbaren "Versatzstücke" ergeben bei eingehender Betrachtung eine Art Komposition, welcher der Rezipient folgen kann oder auch nicht, da dieser Roman keinen linearen Handlungsstrang aufweist! Trotz aller Undurchschaubarkeit, hat Muschugs Schreibstil für mich etwas Ansprechendes und stellenweise sogar etwas Faszinierendes, sodass mich die 527 Seiten des Romans, von denen 40 Seiten einen Anhang bilden, zwar teilweise irritierten, aber nicht unbefriedigt zurück ließen.

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