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Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame


Heinrich Böll, der vom Katholizismus durch und durch geprägte Nachkriegsautor und Mitglied der Gruppe 47, schuf mit diesem Werk eine Deutschlandstudie, mit Rückblicken in die Kaiserzeit, die Weimarerer Republik und das Dritte Reich sowie mit Einblicken in die Anfänge der jungen BRD mit ihren "Gastarbeitern", indem er in Gesprächen mit Zeitgenossen dem Leben seiner Protagonistin, Leni Pfeiffer, exemplarisch nachspürt, wobei sie mit ihrem Verhalten, das eher von Selbstlosigkeit als von Egoismen geprägt ist, in das Weltbild ihrer Mitbürger nicht passt, nicht zuletzt weil sie eine selbstbewusste und selbstständige Frau ist, was damals nicht gefragt war! Ich habe vor allem den Mief der Nachkriegsjahre gespürt, den ich als Kind bis in die 70er Jahre hinein wahrgenommen habe. Heute stelle ich mir vor, welchen Nazis, Waffenschiebern und Kriegsprofiteuren ich begegnet bin. Sicherlich nicht wenigen. Aber alle waren damals (ja noch) "Alte Kameraden"! Jedenfalls ist dieses Buch das beste was ich von Böll las. Aber es war auch das letzte, da noch viele weitere Autoren seiner Größe, drauf warten - auch wenn es ihnen unbekannt bleibt - von mir gelesen zu werden. Dieser Roman soll dafür entscheidend gewesen sein, dass Böll 1972 den Nobelpreis für Literatur erhielt, wobei ich meine, dass er ihn zu Recht verdient hat, was ich von der Verleihung an Günter Grass, nicht unbedingt sagen würde!

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Nathalie Sarraute: Tropismen

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